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Konzert am 5. Juni 2006 auf dem IGA-Gelände





19. Mai 2006 (Ostsee-Zeitung)

"Smoke On The Water" immer wieder neu

Die legendäre Rockband Deep Purple kommt nach Rostock. Steve Morse freut sich

Rostock (OZ) Deep Purple hat Rockgeschichte geschrieben. Von der Ur-Besetzung ist aktuell nur Ian Gillan (Paice - d. Red.) übrig geblieben. Doch die Erfolgsgeschichte hält an. Derzeit in Australien und Japan auf Tour, kommt die Band am 5. Juni nach Rostock auf die IGA-Parkbühne. Gitarrist Steve Morse, seit 1994 im Team, spielte früher bei Kansas und betreibt noch einige Nebenprojekte, u. a. The Dixie Dregs. Lang ist auch seine Liste als Gastmusiker, etwa bei Liza Minelli oder Lynyrd Skynnyrd. OZ sprach mit Morse über seine Tour-Erfahrungen und das Leben mit Deep Purple.

OZ: Steve, was läuft gerade bei Deep Purple?

Morse: Wir haben wenige Stunden vor unserem Gespräch ein Konzert in Tokio absolviert. Es war unglaublich. Solche Massen habe ich noch nicht gesehen. Und wir sind ja schon viel rumgekommen in der Welt. Die Leute waren dermaßen enthusiastisch und voller Energie, dass es einen wirklich beflügelt hat. Selbst Ian Gillan hat nicht schlecht gestaunt. So was kannte er seit den frühen Tagen von Deep Purple nicht mehr.

OZ: Wie lange sind Sie schon in Japan?

Morse: Das war unsere erste Show. Vorher sind wir in Australien gewesen und dann 25 Stunden auf Reisen. OZ: Strengt das Tourleben nicht sehr an?

Morse: Ich mag das sehr. Könnte eigentlich 24 Stunden pro Tag arbeiten. Woche für Woche. Tokio - Berlin - Rostock - London. Welch eine Bandbreite. Für mich ist es mehr ein psychologisches Problem: fern von meiner Familie und meinem Sohn für lange Zeit. Das vermisse ich sehr.

OZ: Gibt es ein Land, in welchem die Band am erfolgreichsten ist?

Morse: Ich glaube nicht. Seit ich vor zehn Jahren zu Deep Purple kam, waren wir überall auf der Welt: Russland, China, Libanon, Malaysia, Afrika, Südamerika. Okay, Japan ist jetzt irgendwie der Hammer.

OZ: Deep Purple ist inzwischen in achter Besetzung am Start. Wie hat sich das musikalisch bemerkbar gemacht?

Morse: Ich kann da natürlich nur aus meiner Sicht sprechen, nicht aus der der Zuhörer oder Kritiker. Als ich einstieg, hatte ich zwei Ziele: zum einen etwas einzubringen, was zurück zu den Wurzeln führt so in Richtung des Sounds von "Machine Head". Zum andern akustische Töne einzubauen. Ich denke, da ist mittlerweile von allem etwas dabei.

OZ: Sie waren vor Jahren auch bei der Band Kansas am Start. Was ist im Vergleich zur jetzigen Band ähnlich, was völlig anders?

Morse: Purple ist eher die klassische Rockband, während Kansas für Progressive Rock stehen. Letztere besteht aus Amerikanern, während bei Purple Engländer dabei sind. Da dreht sich vieles um Fußball, haha. Und was gleich war? Dass ich bei beiden irgendwann als der Neue ins Team kam. Auf der Bühne ist es so, dass Kansas mehr feststehende Titel spielen, während bei Purple die Improvisation sehr wichtig ist. Du kannst jeden Abend den gleichen Song variieren - so wird dir auch "Smoke On The Water" zum -zigtausendsten Mal nicht über.

OZ: Neben Deep Purple spielen Sie noch in weiteren Bands. Wird das nicht zu viel?

Morse: Jeder aus der Band hat noch Nebenprojekte. Mit den Dixie Dregs kann ich einfach andere musikalische Aspekte verfolgen. Und es hilft mir sehr, nach all den ausgedehnten Touren mit Deep Purple wieder auf den Boden zurückzukommen. Außerdem kann ich dann wieder verstärkt die klassische Gitarre spielen. Bei einer Akustik-Tour war zum Beispiel Al di Meola dabei, einfach fantastisch.

OZ: Was bringt die Band in Rostock zu Gehör?

Morse: Kann ich so nicht sagen. Das hängt mit davon ab, wie lange wir spielen dürfen. Manchmal haben wir für Wochen die gleiche Set-List, ein andermal wieder verändern wir das Programm fast jeden Abend etwas. Heute hier in Tokio war es so, dass wir die Titelfolge 45 Minuten vor dem Konzert aufgestellt haben und dann noch etwa 15 Minuten darüber diskutiert haben. Dann ging's los. Mal sehen, was uns für Rostock so einfällt. Ist das nicht ziemlich am Wasser gelegen? Da sehe ich doch zumindest schon Rauch aufsteigen . . .

Interview: B. ANDREAS



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Smoke on the Warnow

Rostock (OZ) „Unbelievable!“ Unglaublich!, ruft ein erstaunter Ian Gillan (60) immer wieder aus. Der Deep Purple-Sänger ist überrascht vom heißen Empfang, den ihm an diesem kühlen Montagabend 4500 Konzertbesucher im Rostocker IGA-Park bereiten. Dass das zumeist reifere Publikum aus dem Stand kocht, dürfte auch an den Five Men On The Rocks liegen. Die ambitionierten Rostocker haben es zuvor mit Oldies von Pink Floyd, Golden Earring und vor allem mit AC/DC-Krachern warmgespielt.

Überrascht dürften auch viele der Anhänger sein – von der unbändigen Spielfreude, Kraft und kreativen Frische, mit der das Quintett Airey, Gillan, Glover, Morse und Paice auftrumpft.

Nach 1998 und 2001 treten Deep Purple bereits zum dritten Mal in der Hansestadt an. Zwar läuft die aktuelle Tour unterm Namen der jüngsten Platte „Rapture Of The Deep“ (Tiefenrausch). Doch spielt die Band davon lediglich den Titelsong – der hypnotische Hit mit orientalischen Melodie- und majestätischen Orgel-Parts erinnert stark an „Perfect Stranger“. Ansonsten gibt es durchweg Evergreens aus den 70-ern und 80-ern, die allesamt gefeiert werden. Der Höhenflug im Tiefenrausch beginnt mit „Pictures of Home“. Es folgen Klassiker wie „Strange Kind Of Woman“, „Fireball“, „Lazy“, „Highway Star“. Dazwischen die selten gespielten „Hush“ (1968) oder „Livin' Wreck“ (1970).

Es scheint bei den Hardrock-Veteranen wie bei einem guten Wein zu sein: je älter, desto besser. Teufelsdrummer Ian Paice – virtuos wie eh und je. Roger Glovers groovender Bass gehört zum unverwechselbaren Purple-Sound wie die markante Stimme von Ian Gillan oder das nun von Don Airey (Ex-Rainbow) bediente Keyboard. Und Allroundgitarrist Steve Morse, zum fünften Mal vom Fachblatt „Guitar Player“ als weltbester Saitenhexer geehrt, ist nach 13 Jahren bei Deep Purple ohnehin über jede Kritik erhaben.

Letzter Song des offiziellen Teils: „Smoke On The Water“. Im Publikum geht die Post ab, als das Monsterriff der ultimativen Hardrockhymne erklingt. 1971 wurde sie komponiert, nachdem am Genfer See das Musikstudio abgebrannt war, in dem Deep Purple gerade eine neue Platte einspielen wollte. Jetzt zeigen die Rauchzeichen an der Warnow – der Rock lebt. 25 Minuten Zugabe der Heavy Metal-Pioniere enden mit „Black Night“. „Süperb!“, dankt Ian Gillan den das Haupthaar schüttelnden Fans.

Der Rostocker Hagen Pötke (44) gibt das Kompliment zurück: „Deep Purple hat nie enttäuscht, trotz vieler Personalwechsel. Die Band war ja stets präsent, ob mit neuen Alben oder live.“ Pötke hat sein sechstes Konzert mit Gillan & Co. und diesmal mit gut 20 Bekannten genossen. „Fast ein Klasssentreffen, an dem uns Fans früher die Mauer hinderte.“ Erstmals wurde Pötke von Ehefrau Beate (41) und Sohn Ben (20) zum Konzert begleitet. Beleg dafür, dass die Premiumrocker weiter ihre Jünger haben werden.

JÜRGEN SCHULTZ

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Für die Scans vom offiziellen Begleitbuch wird es eine Extra-Seite geben.




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